EINundZWANZIG-Sonderausgabe zum Bürgerbegehren

„Verfassungswidrige Verträge sind nichtig“
Neues Bürgerbegehren setzt an der finanziellen Beteiligung der Stadt an Stuttgart 21 an.
Das Bürgerbegehren 2007 scheiterte – jetzt tun sich neue Möglichkeiten auf

Es stimmt, dass Stuttgart 21 mit 4,1 Milliarde Euro eine teuere Angelegenheit wird.W er kennt das Plakat des Stuttgart-21-Projektbüros nicht (siehe links)?:
„Es stimmt, dass Stuttgart 21 mit 4,1 Milliarden Euro eine teure Angelegenheit  ist.  Es  stimmt  aber  auch, dass die Region nur dafür Milliarden von Bahn, Bund, Land und EU bekommt.“
Die Gelder stünden einzig zu diesem Zweck zur Verfügung und seien fix, sie könnten gar nicht für etwas anderes verwendet werden, so die häufige Argumentation der Projektbetreiber gegenüber den „Milliardengrab“-Klagen der Demonstranten.

„Die Situation stellt sich fundamental umgekehrt dar“, sagt dagegen Axel Wieland, Vorsitzender des BUND-Regionalverbands Stuttgart. „Es werden kommunale Gelder verfassungswidrig zweckentfremdet, die ganz anders verwendet werden müssten, etwa für die dringende Sanierung von Schulgebäuden.“
Wieland gehört, zusammen mit der Regisseurin Sigrid Klausmann-Sittler und dem Rechtsanwalt Bernhard Ludwig, zu den drei Vertrauensleuten des neuen Bürgerbegehrens, das am 14. Februar vom Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 gestartet wurde.
Vorbereitet hat das Begehren die Gruppe „Juristen zu Stuttgart 21“, zu der Ludwig gehört. Auf Anfrage der Juristen stellte sich Klausmann-Sittler als dritte Vertrauensperson zur Verfügung. Die Ehefrau von Schauspieler Walter Sittler nennt als Motivation dabei auch die Enttäuschung über die Schlichtung: „Das Gefühl der Ohnmacht hat sich dadurch noch verstärkt“.
Das neue Bürgerbegehren geht einen anderen Weg als das aus dem Herbst 2007, weswegen auch das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart von 2009, dass jenes Begehren trotz rund 61.000 gültiger Stimmen als unzulässig ansah, nicht bindend ist. Ansatzpunkt ist nun nicht mehr die generelle Beteiligung der Stadt am Projekt, sondern die Art der Finanzierung des Projekts. Die sei nämlich nicht mit dem Grundgesetz konform, weswegen der Ausstieg der Stadt aus der Finanzierung von S21 gefordert wird.
Konkret geht es darum: Die Stadt finanziert das Bahnprojekt mit bis zu 290 Millionen Euro mit, falls die derzeit veranschlagten Projektkosten von rund 4,5 Milliarden Euro vollausgeschöpft werden. Dabei handelt es sich um eine so genannte pauschale Mischfinanzierung, und die ist verfassungswidrig – zu diesem Urteil kommt jedenfalls der Berliner Staats- und Verfassungsrechtler Prof. Hans Meyer in einem Gutachten aus dem November 2010. Meyer beruft sich auf Artikel 104 a des Grundgesetzes,  wonach Bund, Länder und Gemeinden die Aufgaben, für die sie Verwaltungszuständigkeit haben, gesondert zu zahlen haben. Ein Land oder eine Gemeinde dürfe dem Bund keine Zuschüsse für Aufgaben zukommen lassen, die dieser alleine zu tragen habe, und umgekehrt. Damit soll vermieden werden, dass sich reiche Länder oder Gemeinden teure Infrastruktur quasi einkaufen, die sich ärmere Länder oder Gemeinden nicht leisten können. Bund bzw. Bahn müssten also die Kosten sowohl bei Stuttgart 21 als auch bei der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm alleine tragen – in beiden Fällen tun sie es nicht, weshalb Meyer auch beide Fälle als verfassungswidrig beurteilt.
Doch ist das Risiko des Scheiterns nicht zu hoch? „Ich bin erstmal zurückgezuckt, als die Idee zu einem neuen Bürgerbegehren aufkam“, sagt Gerhard Pfeifer, Geschäftsführer des BUND-Regionalverbands Stuttgart, der  das  Bürgerbegehren von 2007  mitbegleitet hatte. Die Prüfung durch die Juristen zu Stuttgart 21 habe ihn aber überzeugt. „Wir haben Meyers Gutachten über Wochen eingehend und sorgfältig geprüft und kamen zum Ergebnis, es als stichhaltig anzusehen“, so Rechtsanwalt Bernhard Ludwig. … -> weiterlesen (PDF-Datei)

Quellle: Sonderausgabe 21 zum Bürgerbegehren: am Samstag auch in gedruckter Form auf der Demo erhältlich.

Oder hier herunterladen (auf das Bild klicken):

21EINundZWANZIG vom Februar 2011
Inhalte unter anderem:
• „Verfassungswidrige Verträge sind nichtig“ (Neues Bürgerbegehren setzt an der finanziellen Beteiligung der Stadt an Stuttgart 21 an).
• „Ich bin überzeugt, Stuttgart 21 wird gestoppt“ (Der Nagolder Rechtsanwalt Eisenhart von Loeper im Gespräch mit Michaele Heske).
• „Stuttgart 21 ist ökologischer und ökonomischer Wahnsinn“ (Susanne Heeber hat S-21-Gegner zu ihren Motiven befragt).
• Verschnupftes Volk (Wähler und Gewählte verstehen einander nicht mehr.
An Stuttgart 21 entzündet sich nur ohnehin schwelender Unmut).
• Ausschuss aus, Bäume weg – Farce im Februar: vom Ende des Untersuchungsausschusses und Baumverpflanzungen am Bahnhof.
• Damit die Stadt wieder zur Ruhe kommt (Die Dokumentarfilmerin Sigrid Klausmann verrät, warum sie sich für das Bürgerbegehren starkmacht).
PDF-Datei mit 4 Seiten (681 KB), [Feb. 2011]

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