{"id":5544,"date":"2011-06-08T15:37:11","date_gmt":"2011-06-09T02:37:11","guid":{"rendered":"http:\/\/barrierefrei.gegen-stuttgart-21.de\/?p=5544"},"modified":"2011-06-11T13:05:40","modified_gmt":"2011-06-12T00:05:40","slug":"offener-brief-von-dr-christoph-engelhardt-an-die-bahn","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/barrierefrei.gegen-stuttgart-21.de\/2011\/06\/08\/offener-brief-von-dr-christoph-engelhardt-an-die-bahn\/","title":{"rendered":"Offener Brief von Dr. Christoph Engelhardt an die Bahn"},"content":{"rendered":"<p>Ursula Eickhoff, Pressesprecherin Baden-W\u00fcrttemberg, Deutsche Bahn<br \/>\nWolfgang Dietrich, Projektsprecher Bahnprojekt Stuttgart-Ulm<\/p>\n<p>Sehr geehrte Frau Eickhoff,<\/p>\n<p>mit Interesse habe ich die Mitteilungen der Bahn verfolgt betreffend meiner in der Eisenbahn-Revue International erschienenen <a href=\"http:\/\/www.kopfbahnhof-21.de\/fileadmin\/downloads\/presseberichte\/ERI_6_2011_engelhardt.pdf\" target=\"_blank\">Ver\u00f6ffentlichung<\/a> zur Leistungsf\u00e4higkeit von Stuttgart 21.<\/p>\n<p>Die dpa ver\u00f6ffentlichte am 03.06.2011 einen Text mit der Aussage: &#8222;Die Bahn hatte die Berechnungen als \u00abhaltlos\u00bb zur\u00fcckgewiesen.&#8220; Die R\u00fcckfrage bei der dpa ergab, dass diese Aussage von Ihnen stammt. Die weiteren Begr\u00fcndungen dazu in dem dpa-Beitrag stammten offenbar aus der <a href=\"http:\/\/www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de\/de-DE\/_Downloads\/ba0ea5e3-6219-41ca-9177-e5b26666e8f6\/20110601-Aktueller_Stern_Bericht_zu_S21.pdf\" target=\"_blank\">Pressemitteilung<\/a> auf der Projekt-Homepage vom 01.06.2011 (siehe unten). Die dpa-Meldung erschien in unz\u00e4hligen Medien (z.B. <a href=\"http:\/\/www.stuttgarter-zeitung.de\/inhalt.gipfeltreffen-zu-stuttgart-21-kretschmann-stoesst-auf-widerstand.26768dc3-0345-49e7-8a80-8705e76dec79.html\" target=\"_blank\">Stuttgarter Zeitung<\/a>).<\/p>\n<p>Sie sind sich selbstverst\u00e4ndlich der rechtlichen Relevanz von \u00f6ffentlichen \u00c4u\u00dferungen bewusst, die das Ansehen einer Person betreffen. Deshalb bin ich mir sicher, dass Sie die folgenden Fragen zufriedenstellend kl\u00e4ren k\u00f6nnen.<\/p>\n<ul>\n<li>Meine Arbeit enth\u00e4lt nur wenige Berechnungen, etwa 4 \u00d7 8 = 32 oder 4 \u00d7 10 = 40 oder andere elementare Algebra, deren Ergebnisse auch nach sorgf\u00e4ltiger Pr\u00fcfung nicht als &#8222;haltlos&#8220; erscheinen.<\/li>\n<\/ul>\n<ul>\n<li>Vielmehr scheinen Sie als &#8222;haltlos&#8220; anzusehen, dass ich den Maximalwert gro\u00dfer deutscher Bahnh\u00f6fe von (im Bahnhofsdurchschnitt) rund 4 Z\u00fcgen pro Gleis und Stunde als Ausgangspunkt nehme f\u00fcr eine Absch\u00e4tzung der Leistungsgrenze f\u00fcr Stuttgart.<br \/>\nHier bin ich auch auf Gegenwind von Seiten der Kritiker von Stuttgart 21 gefasst, die argumentieren k\u00f6nnten, dass die Bahnh\u00f6fe in diesem Leistungsbereich mit vielen Doppelbelegungen schon &#8222;unter Stress&#8220; stehen. Dieser Kritik halte ich stand, da die Absch\u00e4tzung ja nur eine Obergrenze liefern soll.<\/li>\n<\/ul>\n<ul>\n<li>Mutma\u00dflich geht Ihre Kritik aber in die andere Richtung, dass Sie die Anwendung des Maximalwerts als &#8222;haltlos&#8220; ansehen, in dem Sinne, dass Sie mehr erwarten. Damit sind wir bei der zentralen Fragestellung meines Artikels.Aus meinem Blick auf die Praxis, beispielsweise auch bei anderen Bahnhofsneubauten, finde ich keinen &#8222;Anhalt&#8220;, mit der Leistungserwartung \u00fcber das heutige Maximum wesentlich hinauszugehen. Vielmehr scheint die geplante Leistung f\u00fcr Stuttgart 21 gewisserma\u00dfen &#8222;haltlos&#8220; weit \u00fcber der Realit\u00e4t zu schweben. \u2013 Meine Frage ist: Was ist der Leistungsturbo von Stuttgart 21?Ich fordere die Bahn also hiermit heraus, nachvollziehbar argumentativ (nicht allein mit dem intransparenten Stresstest) darzulegen mit welchen betriebs- und 1 \/ 3fahrplantechnischen Ma\u00dfnahmen der Leistungszuwachs auf die 49 Z\u00fcge pro Stunde des Stresstests und die 60 Z\u00fcge nach Ausbau der Zulaufstrecken (entsprechend 6,1 und 7,5 Z\u00fcgen pro Gleis und Stunde, also 40 % bis 80 % \u00fcber den heutigen Maximalwerten) bewerkstelligt wird, \u2013 bei guter Betriebsqualit\u00e4t.Das lie\u00dfe sich ja grob aufschl\u00fcsseln: +x % ETCS, +x % moderne Weichensituation, \u2013x % Bahnsteiggleisgef\u00e4lle, \u2013x % Engp\u00e4sse &#8230; In kaufm\u00e4nnischen oder strategischen Betrachtungen nennt man eine solche Darstellung eine \u00dcberleitung. Vielleicht eine \u00dcbung, die die Ergebnisse des Stresstests verst\u00e4ndlicher macht und die Potenziale zur Behebung der \u00dcberlastungen in den Bahnh\u00f6fen der Spitzengruppe deutlich macht.<\/li>\n<li>Ich verstehe, dass Sie nicht mit mir einer Meinung sein m\u00fcssen. Wo Sie aber meiner Arbeit vorwerfen &#8222;haltlos&#8220; zu sein, also unbegr\u00fcndet oder aus der Luft gegriffen, m\u00fcssen Sie im Einzelnen Ihren Vorwurf als &#8222;erweisbar wahr&#8220; belegen, anhand meiner Arbeit. Man kann mir kaum vorwerfen, dass mein Versuch der Plausibilisierung der S21-Planung durch den Blick auf die Realit\u00e4t von Deutschlands Bahnh\u00f6fen vollkommen unbegr\u00fcndet ist.<\/li>\n<\/ul>\n<p>Sehr geehrter Herr Dietrich,<\/p>\n<p>in Ihrer <a href=\"http:\/\/www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de\/de-DE\/_Downloads\/ba0ea5e3-6219-41ca-9177-e5b26666e8f6\/20110601-Aktueller_Stern_Bericht_zu_S21.pdf\" target=\"_blank\">Pressemitteilung<\/a> vom 01.06.2011 kritisieren Sie meine Arbeit. Erlauben Sie, dass ich zu den einzelnen Punkten Stellung nehme.<\/p>\n<ul>\n<li>Den Punkt, ob ich &#8222;in der Branche&#8220; bekannt bin und ob &#8222;Man\u00f6ver verfolgt&#8220; werden, k\u00f6nnen wir gewiss schnell abhaken. Ich bin kein Verkehrswissenschaftler, ich bin promovierter Physiker, der lange Jahre als Analyst in der Konzernstrategie eines Dax-Konzerns arbeitete (Sie k\u00f6nnen hier Parallelen zum Werdegang von Dr. R\u00fcdiger Grube erkennen). Dort lernt man, Planungen auf Vergleichswerte aus der Praxis zu beziehen und sich das Delta nachvollziehbar erkl\u00e4ren zu lassen.<\/li>\n<li>Mich haben die unz\u00e4hligen Unaufrichtigkeiten in den Schlichtungsgespr\u00e4chen auf der Bef\u00fcrworterseite bewegt, diese Untersuchung zu erstellen. Sie erinnern sich, Schlichter Dr. Heiner Gei\u00dfler hatte zu Aufkl\u00e4rung und selbstst\u00e4ndigem Denken aufgerufen.<\/li>\n<li>Sie bezeichnen unverst\u00e4ndlicherweise die Arbeit als &#8222;theoretische Betrachtungen&#8220;, obwohl vielmehr ein Vergleich mit der Praxis vorgenommen wird. Was daran theoretisch ist, bitte ich Sie mir zu erkl\u00e4ren.<\/li>\n<li>Lassen Sie mich eines richtig stellen \u2013 die Eisenbahner k\u00f6nnen da sehr pingelig sein: Ich habe nicht die &#8222;Kapazit\u00e4ten verschiedener Bahnh\u00f6fe&#8220; sondern die &#8222;erbrachte Leistung&#8220; verglichen. Die Bahnh\u00f6fe, die hier Maximalwerte erreichen und nach einhelliger Ansicht an der Leistungsgrenze operieren, und \u00fcberdies vergleichbar gro\u00df sind wie Stuttgart 21, markieren meiner Ansicht nach \u2013 das ist die These meiner Arbeit \u2013 eine Leistungsgrenze aus Praxissicht. Hier kann man in die Argumentation einsteigen und darlegen, was Stuttgart 21 so viel besser macht und um wie viel.<\/li>\n<li>Ich stelle fest, dass Sie zu meinem in der Arbeit ausf\u00fchrlich begr\u00fcndeten Vorwurf, die Bahn habe ihre Glaubw\u00fcrdigkeit hinsichtlich von Aussagen oder Untersuchungen der Leistungsf\u00e4higkeit von Stuttgart 21 massiv besch\u00e4digt, keine Stellung beziehen. Muss ich das als Eingest\u00e4ndnis auffassen?<\/li>\n<li>Ich stelle fest, dass Sie bis heute die von mir aus den DB-Fahrpl\u00e4nen ermittelten Leistungskennwerte nicht in Zweifel zogen oder unter den Vorbehalt einer Pr\u00fcfung stellten. Ich vermutete schon, dass solche Auswertungen bei der Bahn bereits vorlagen, was der schnellen \u00dcberpr\u00fcfung mutma\u00dflich f\u00f6rderlich war.<\/li>\n<li>Sie argumentieren, alle Bahnh\u00f6fe seien verschieden. In meiner Arbeit wird nichts anderes behauptet (und das sogar in gleicher Weise wie von Ihnen mit den unterschiedlichen betrieblichen Bedingungen und Fahrplankonzepten begr\u00fcndet). Der Punkt meiner Arbeit ist, dass laut den Planungen ein einziger Bahnhof in Deutschland in Zukunft sehr viel verschiedener sein soll: Stuttgart 21, mit einer Leistung 40 % bis 80 % \u00fcber den heute maximal erreichten Leistungswerten von Bahnh\u00f6fen, die am Limit operieren. Ein Leistungswunder, das vielleicht nur noch nicht geb\u00fchrend als solches gew\u00fcrdigt wurde.<\/li>\n<li>Dieser Leistungssprung erscheint so lange als &#8222;theoretisch&#8220;, als er nur durch intransparente Computersimulationen oder mit Modellrechnungen basierend auf unrealistischen Eingangsgr\u00f6\u00dfen begr\u00fcndet wird. Insofern verweise ich auf meine oben get\u00e4tigte Anregung, den &#8222;Leistungsturbo&#8220; von Stuttgart 21 im Lichte der Praxis nachvollziehbar zu begr\u00fcnden.<\/li>\n<\/ul>\n<p>Hochachtungsvoll,<br \/>\nChristoph Engelhardt<br \/>\n(Physiker, Analyst)<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"<p>Ursula Eickhoff, Pressesprecherin Baden-W\u00fcrttemberg, Deutsche Bahn Wolfgang Dietrich, Projektsprecher Bahnprojekt Stuttgart-Ulm Sehr geehrte Frau Eickhoff, mit Interesse habe ich die Mitteilungen der Bahn verfolgt betreffend meiner in der Eisenbahn-Revue International erschienenen Ver\u00f6ffentlichung zur Leistungsf\u00e4higkeit von Stuttgart 21. 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