Aktionsbündnis gegen S21 schreibt offenen Brief an Nils Schmid

Volksabstimmung / Volksbefragung zu Stuttgart 21

Sehr geehrter Herr Schmid,

das Aktionsbündnis K 21 begrüßt grundsätzlich Ihr Engagement für eine direktdemokratische Lösung des Konflikts um Stuttgart 21. Allerdings befremdet es uns, dass Sie sich im Rahmen der laufenden Koalitionsvereinbarungen für eine Volksabstimmung auf der Grundlage der geltenden gesetzlichen Regelungen in der Landesverfassung aussprechen. Sie machen sich und die SPD damit unglaubwürdig. Noch im Sommer letzten Jahres haben Sie gemeinsam mit der Fraktion der GRÜNEN im Landtag den Gesetzentwurf „Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes Baden-Württemberg; Einführung einer Volksinitiative“ eingebracht. In der Begründung des Gesetzentwurfs wurde vor allem auch auf die bundesweit höchsten und faktisch unüberwindbaren Hürden für erfolgreiche Volksabstimmungen verwiesen. Eine Chancengleichheit ist unter diesen Grundlagen ausgeschlossen. Das Problem des Zustimmungsquorums würde sich übrigens auch im umgekehrten Fall stellen – wenn nämlich statt eines „Ausstiegs“ die „weitere Übernahme von Mehrkosten“ von Stuttgart 21 zur Abstimmung stünde. Wir gehen davon aus, dass die Position der SPD vom letzten Sommer auch heute noch gültig ist.

Vor diesem Hintergrund lehnt das Aktionsbündnis K 21 eine Volksabstimmung entsprechend der geltenden Regelungen ab. Sollte eine Änderung der Landesverfassung nicht durchsetzbar sein, schlägt das Aktionsbündnis alternativ eine – durch ein einfaches Gesetz zu ermöglichende – Volksbefragung vor. An deren Ergebnis – Mehrheit der abgegebenen Stimmen, ohne Zustimmungsquorum – müssten sich Landtag und Landesregierung erklärtermaßen halten. Wir bitten Sie, sehr geehrter Herr Schmid, sich für eine solche für Befürworter wie Gegner von Stuttgart 21 gleichermaßen gerechte und chancengleiche Lösung einzusetzen.

Eine solche Volksbefragung ist allerdings erst dann sinnvoll, wenn folgende Rahmenbedingungen erfüllt sind:

1. Einhaltung eines absoluten Bau- und Vergabestopps zu Stuttgart 21 bis die noch offenen Fragen zum Projekt – die erhebliche Auswirkungen auf den Bauumfang und die Kosten haben – geklärt sind:

  • – Durchführung des Stresstests unter gleichberechtigter Mitwirkung der Experten des Aktionsbündnisses auf „Augenhöhe“; offene Erörterung der baulichen und finanziellen Konsequenzen;
  • – Offenlegung einer genehmigungsfähigen Planung auf den Fildern;
  • – Art der Umsetzung der sonstigen Auflagen des Schlichterspruchs und deren Kostenabschätzung (Barrierefreiheit, Anbindung der Gäubahn etc.).

Erst wenn diese noch offenen Punkte geklärt sind, kann sinnvoll über das Projekt (welcher Bahnhof mit welcher Leistungsfähigkeit unter welcher Kostenhöhe) abgestimmt werden.

2. Vor einer Volksbefragung muss über das laufende Bürgerbegehren in Stuttgart über die Verfassungswidrigkeit der Mischfinanzierung rechtswirksam entschieden sein. Ansonsten gibt es Konflikte zwischen zwei Verfahren.

3. Zwingend ist bei einer Volksbefragung die Trennung zwischen dem Tiefbahnhof S 21 und der Neubaustrecke nach Ulm.

Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Pfeifer und Irmela Neipp-Gereke
Sprecher/in des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21

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