Presseerklärung: Rechnen für Anfänger = Stress für Stuttgart 21

Parkschützer übergeben Antrittsgeschenk an Stefan Penn

Stuttgart, 3. Juni 2011: Um 11 Uhr übergeben die Parkschützer einen überdimensionalen Abakus an den neuen Gesamtprojektleiter von Stuttgart 21, Stefan Penn – mehr braucht es nicht, um die praktische und realistische Leistungs-Obergrenze des geplanten Tiefbahnhofs zu ermitteln: Dr. Christoph Engelhardt hat in einer kürzlich veröffentlichten Untersuchung empirisch nachgewiesen, dass in einem großen Bahnknoten wie Stuttgart bei annehmbarer Betriebsqualität nicht mehr als durchschnittlich vier Züge pro Gleis und Stunde abgewickelt werden können. Deshalb steht die Aktion unter dem Titel „Rechnen für Anfänger = Stress für Stuttgart 21“.

Das Antrittsgeschenk für Stefan Penn, der 1,2 m breite und 1,5 m hohe Abakus, besteht aus 8 + 2 Querstangen für die geplanten Gleise bei Stuttgart 21, auf denen sich pro Stange 4 Kugeln für die Züge pro Stunde befinden. Wie man hier leicht nachzählen kann, wären selbst bei einer Erweiterung von Stuttgart 21 auf 10 Gleise mehr als 40 Zügen pro Stunde nicht realisierbar. Die jetzt für den Stresstest angekündigten 49 Züge stammen damit aus dem Land der Fantasie. Mit der Aktion weisen die Parkschützer darauf hin, dass die Bahn offenbar jeglichen Realitätsbezug verloren hat; die für Stuttgart 21 prognostizierte Leistungsfähigkeit hat nichts mit der Realität deutscher Bahnhöfe zu tun. Sie ist vollkommen an den Haaren herbeigezogen.

„Manchmal ist Mathematik ganz einfach. Wenn die Erfahrung sagt, dass man in einem großen Bahnhof pro Gleis nicht mehr als vier Züge in der Stunde abfertigen kann, dann kann man mit acht Gleisen maximal 32 Züge in der Stunde abfertigen. Das ist ein einfacher Dreisatz, das lernt man in der sechsten Klasse“ sagt Parkschützerin Dr. Carola Eckstein, Mitglied bei den Ingenieuren für den Kopfbahnhof. „Mit zehn Gleisen kommt man auf maximal 40 Züge in der Stunde. Auch das ist weniger als 49. Wenn man es in Köln und Hamburg in den letzten zwanzig Jahren nicht geschafft hat, die Kapazität für einen großen Bahnknoten mit gut vier Zügen pro Gleis und Stunde betriebssicher darzustellen, wie sollte es dann bei Stuttgart 21 mit einer noch viel knapper bemessenen Infrastruktur funktionieren?“

Laut dem Fachartikel von Dr. Christoph Engelhardt in der Eisenbahn-Revue International, Ausgabe 6/2011, leisten die großen deutschen Bahnhöfe nicht mehr als 4 Züge pro Gleis und Stunde. Die Spitzenreiter in dieser Statistik, Köln und Hamburg, sind auch Spitzenreiter bei Verspätungen, der Betrieb ist in der Praxis nicht stabil. Desweiteren weißt Engelhardt auf folgendes hin: „Ein integraler Taktfahrplan mit einem Vollknoten in Stuttgart, in dem sich zu einer bestimmten Taktzeit die Züge aller Linien im Bahnhof versammeln und direkte Anschlüsse mit kurzen Umsteigezeiten ermöglichen, gibt effektiv die Anzahl der benötigten Bahnsteiggleise vor. […] In Stuttgart wären für einen Vollknoten mindestens 14 Gleise nötig [nachgewiesen durch W. Hesse, in ‚Stuttgart: Nullknoten ist möglich – Betriebskonzepte und Integraler Taktfahrplan in der Diskussion.‘ Eisenbahn-Revue International, Heft 3/2011].“ D.h. der für Reisende besonders attraktive und für den Güterverkehr günstige integrale Taktfahrplan (ITF) ließe sich mit Stuttgart 21 nie und nimmer umsetzten, auch mit 10 Gleisen nicht.

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(03.06.2011 von Matthias von Herrmann)
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