Zeitbombe Volksabstimmung?! (von Gangolf Stocker)

Gangolf Stocker liefert eine sehr interessante und plausible Erklärung, warum die SPD-Spitze so stur ist:

Artikel 60, Satz 5 Landesverfassung Baden-Württemberg:„Bei der Volksabstimmung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen. Das Gesetz ist beschlossen, wenn mindestens ein Drittel der Stimmberechtigten zustimmt.“

Die SPD will dieses Gesetz beim Volksentscheid auf Stuttgart 21 anwenden. Die SPD-Logik: Weil es Gesetz ist, ist es demokratisch. Dieses Gesetz wurde zur Verhinderung von Volksabstimmungen gemacht. Und darauf baut jetzt die SPD. Schmiedel, Drexler und ihr Zögling Schmid stellen sich ein Selbstzeugnis aus. Wenn das Quorum „ein Drittel“ ihr Demokratiekriterium ist, dann ist die neue Landesregierung durch gefallen. Sie wurde von „nur“ 31% der Wahlberechtigten gewählt. In Zahlen: In Baden Württemberg sind 7.622.873 BürgerInnen wahlberechtigt. 33% entsprechen 2.515.548 Wählern. Grüne und SPD bekamen zusammen 2.358.776 Stimmen, also von 30,94% der Wahlberechtigten. Übrigens: die schwarz-gelbe Oettinger-Regierung wurde nur von 28,88% der Wahlberechtigten gewählt. Unser Vorschlag: In Zukunft muss eine Regierung mindestens 33% der Stimmen aller Wahlberechtigten auf sich vereinigen, sonst ist sie nicht demokratisch legitimiert. Was meinen Sie dazu, Herr Schmid? Was für Stuttgart 21 gilt, sollte doch erst recht für eine Regierung gelten?

Und nun?
Mit dem Volksentscheid will die SPD Stuttgart 21 durchsetzen und die GRÜNEN vorführen. Der Rohrkrepierer ist programmiert. Nicht nur, dass die SPD jetzt schon dokumentiert, wie wenig sie von Demokratie hält. Wenn bei der Abstimmung eine Mehrheit gegen Stuttgart 21 stimmt, aber das Quorum nicht erreicht wird, dann wird der Widerstand auf der Straße noch größer werden. Wenn ein Volksentscheid, dann ohne Quorum, so wie es z.B. in Hessen, Bayern, Hamburg und Sachsen der Fall ist. Und bei Stuttgart 21 muss eine Voraussetzung erfüllt sein: alle Fakten, alle Geheimpapiere müssen vor dem Volksentscheid auf den Tisch.

Auf die „Straße“ kommt es an!
Wir machen uns nicht abhängig von Quoren, Rechenkünsten und angeblichen Legitimationen durch Verträge. Die Bewegung ist bisher nicht auf diese Fesseln hereingefallen. Der Stresstest ist längst entschieden: Der Tiefbahnhof kann nicht die Kapazität des modernisierten Kopfbahnhofes erreichen. Die Finanzierungsfrage ist nicht entscheidend. Ob Stuttgart 21 also nun 4,5 Milliarden oder 6 oder 8 Milliarden kostet, wir lehnen Stuttgart 21 so oder so ab. Murks bleibt Murks. Kosten können verschleiert werden, und notfalls wird der Bund fehlende Milliarden zu schießen. Die knallharte Linie der SPD zeigt, dass es um mehr als Geld geht.

Es geht um mehr als Stuttgart 21!
Die Landtagswahlen sind nicht nur der CDU und FDP, sondern auch der SPD in die Knochen gefahren, bundesweit. Wenn die GRÜNEN sich bei Stuttgart 21, bei der Energiewende, der Schulpolitik durchsetzen und Anerkennung gewinnen, sich stabilisieren, dann hat das bundesweite Folgen. Die SPD fürchtet weitere Stimmenverluste, weitere GRÜNE Regierungen „drohen“. CDU, SPD und FDP denken strategisch. Sie fürchten einen Sieg der GRÜNEN bei der nächsten Bundestagswahl. Ein Scheitern der GRÜNEN bei uns soll diesen Sieg verhindern. Der Bewegung gegen Stuttgart 21 und damit auch den GRÜNEN soll exemplarisch eine Niederlage beigebracht werden, um vor allem diesem Volksbewegungsspuk ein Ende zu machen. Deshalb ist die SPD-Spitze knallhart, autistisch auch gegenüber ihren eigenen Mitgliedern. Sie betreibt die Geschäfte von CDU und FDP mit. Die Protestbewegung bekommt dadurch eine noch größere, bundesweite Verantwortung.

Nehmen wir sie wahr: unabhängig und kämpferisch wie bisher. Weder Gerichtsurteile noch der 30.09.2010 konnten uns bisher stoppen.

Autor: Gangolf Stocker
Quelle: Stadt.Plan: 3/2011 [PDF-Datei]

Dieser Beitrag wurde unter Gangolf Stocker, Volksabstimmung abgelegt und mit , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.