{"id":6269,"date":"2011-06-27T20:51:47","date_gmt":"2011-06-28T07:51:47","guid":{"rendered":"http:\/\/barrierefrei.gegen-stuttgart-21.de\/?p=6269"},"modified":"2011-06-27T21:19:21","modified_gmt":"2011-06-28T08:19:21","slug":"gedanken-zu-gewalt-in-der-offentlichen-diskussion","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/barrierefrei.gegen-stuttgart-21.de\/2011\/06\/27\/gedanken-zu-gewalt-in-der-offentlichen-diskussion\/","title":{"rendered":"Gedanken zu \u201eGewalt in der \u00f6ffentlichen Diskussion\u201d"},"content":{"rendered":"

Gedanken zum Thema \u201aGewalt\u2019 in der \u00f6ffentlichen Diskussion <\/strong><\/strong>
\nAutor: Dr. R. Schmittmann, Psychologe<\/p>\n

Es braucht dringend kl\u00e4rende Strukturierungen, wenn in einer demokratischen Gesellschaft \u00fcber Gewalt geredet wird, weil die Kommunikation mit diesem Begriff sehr schwierig und manchmal undurchsichtig ist und so zu Machtzwecken von den sowieso schon St\u00e4rkeren gegen Schw\u00e4chere der Gesellschaft verwendet werden kann. Daf\u00fcr muss die Diskussion aus dem Bereich der kommunikativen Suggestionen heraus.<\/p>\n

Um den wichtigsten Punkt vorwegzunehmen:\u00a0 Sprechen wir psychologisch betrachtet \u00fcber so etwas wie Gewalt, befinden wir uns im Bereich der Methoden zur Durchsetzung von Interessen. Was wir auf der Verhaltensebene als Gewalt bezeichnen k\u00f6nnen, das wissen wir eigentlich, es hat etwas mit \u201aSchadenzuf\u00fcgung\u2019 und \u201aSchaden in Kauf nehmen\u2019 zu tun, nur die Bewertung in Bezug auf eine angeblich gerechtfertigte Anwendung eines solchen Verhaltens wechselt je nach Perspektive und Interessen. Ausschlaggebend ist aber jetzt nicht ein allgemeiner Beurteilungsrahmen, sondern der aktuelle Handlungskontext.<\/p>\n

Es f\u00e4ngt n\u00e4mlich ganz einfach damit an, welche Absicht man in einem Kommunikationsfeld verfolgt:<\/p>\n

Will man es in einem sozialen Gef\u00fcge friedlich und konstruktiv haben, dann muss man anders vorgehen und kommunizieren, als wenn einem das egal ist und man nur seine eigenen Interessen durchsetzen will.<\/p>\n

Danach richtet sich, ob ein bestimmtes Verhalten (auch wenn es sehr heftig ist) so eingesch\u00e4tzt wird, dass es ein \u201aF\u00fcreinander\u2019 aufbaut oder ein \u201aGegeneinander\u2019 riskiert. Wenn das \u201aF\u00fcreinander\u2019 einfacher w\u00e4re, nicht immer so ein Balanceakt w\u00e4re, nicht permanent bedient werden m\u00fcsste, dann h\u00e4tten wir Menschen es leichter. Der Mensch ist generell zu aggressivem und verletzenden Verhalten in der Lage, und setzt es auch mehr oder weniger kontrolliert ein. Wir m\u00fcssen nur bedenken, dass das nur eine Variante ist, anderen Schaden zuf\u00fcgen zu k\u00f6nnen.<\/p>\n

Um den Schaden geht es aber, der das \u201aF\u00fcreinander\u2019 letztlich gef\u00e4hrdet.<\/p>\n

Besonders schwierig wird es jedoch dadurch, dass der Mensch auch in der Lage ist, ein \u201aF\u00fcreinander\u2019 vorzut\u00e4uschen, um massiv seine Interessen gegen den anderen und zu seinem Schaden durchzusetzen.<\/p>\n

1. Wenn das \u201aF\u00fcreinander\u2019 still und heimlich einseitig aufgegeben wird<\/strong><\/p>\n

Sprechen wir l\u00e4nger mit ausdr\u00fccklichen Ablehnungsgeb\u00e4rden \u00fcber das Thema Gewalt, bekunden und geloben wir uns gegenseitig Gewaltfreiheit, dann hat das in der aktuellen Situation damit zu tun, dass wir uns in sozialen Gemeinschaften permanent gegenseitig versichern m\u00fcssen, dass wir uns nicht an den Kragen gehen und nicht aus der Gemeinschaft ausschlie\u00dfen wollen, d.h. einander nicht schaden wollen. Soziale Gemeinschaften brauchen als Grundlage die gegenseitige\u00a0 aktuelle und generelle \u201aGewinnzusicherung\u2019. Das ist die Basis.<\/p>\n

Gehen einzelne Gruppierungen zunehmend aber so vor, dass sie ihre eigenen Gewinn- Interessen einseitig und ohne Abstimmung gegen andere durchsetzen, dann haben sie schon die Ebene einer loyalen Gemeinschaft\u00a0 verlassen.\u00a0 Denn friedlich und konstruktiv wird es in einer sozialen Gemeinschaft nur, wenn f\u00fcr die Auseinandersetzung um eventuell auch unterschiedliche Interessen die kommunikativen Methoden der Befragung, der Abstimmung, der Koordinierung benutzt werden.\u00a0 Verwendet eine Gruppierung diese kommunikativen Methoden nicht, hei\u00dft das f\u00fcr die anderen Gruppierungen sofort, man will einen einseitigen Gewinn f\u00fcr sich gegen die anderen durchsetzen, das hei\u00dft, man will den Schaden anderer Gruppierungen unbesehen in Kauf nehmen, womit unvermeidlich ein \u201aGegen\u2019, ein Ausschlie\u00dfen, das Feindliche entsteht. Das anf\u00e4nglich soziale loyale Gebilde f\u00e4ngt an sich aufzul\u00f6sen.<\/p>\n

2.\u00a0 Wenn die Methoden der kommunikativen Koordinierung aufgegeben werden<\/strong><\/p>\n

Das Unterlassen kommunikativer Koordinierungsmethoden ist der Startschuss zur Aufk\u00fcndigen der sozialen loyalen Gemeinschaft. Das kennt jeder auch aus\u00a0 Partnerschaftskonflikten: \u00dcber ein zuvor schadenserzeugendes Verhalten (was immer mal passieren kann) muss eine grundlegende revidierende kommunikative Auseinandersetzung stattfinden, damit es wieder zu einer Angleichung der \u00fcbergeordneten Interessen kommen kann, auf der Basis, keinen Schaden f\u00fcr den anderen, sondern gemeinsamer \u201aGewinn\u2019, dann kann es wieder friedlich und konstruktiv werden. –\u00a0 F\u00e4ngt jedoch derjenige an, den Schaden des anderen herunterzuspielen, zu ignorieren, und gleichzeitig seinen eigenen Gewinn dagegen zu verschleiern, signalisiert er damit, der andere habe keinen Grund, sich zu beklagen, und kickt ihn damit erst recht aus dem sozialen System: In diesem muss die gemeinsame Befragung, Abstimmung \u00fcbergeordneter Interessen immer zugelassen sein, weil das Verstehen und Ber\u00fccksichtigen der Interessen des anderen daf\u00fcr unabdingbar ist. Wird obendrein das Anmelden des Schadens als unberechtigt, als Nestbeschmutzung, als Quengelei, als Nein- Sagen abgewertet, m\u00fcsste der Schadenstr\u00e4ger zum Selbstschutz sofort dieses System verlassen, weil der uneinsichtige Schadenserzeuger das gemeinsame loyale System offensichtlich einseitig aufgek\u00fcndigt hat. Dauerhaft schwierig wird es, wenn die gesch\u00e4digten Gruppen das Gebiet nicht mehr verlassen k\u00f6nnen und in relativer N\u00e4he mit ihren Schadenserzeugern leben m\u00fcssen.<\/p>\n

3.\u00a0 Wenn die suggestive Fixierung auf die Durchsetzungsmethoden in Gang gesetzt wird<\/strong><\/p>\n

Das Unterlassen der kommunikativen Koordinierungsmethoden (nach dem Thema \u201aF\u00fcreinander\u2019 und jeder soll gewinnen) hat den Kipp in eine anderes Methodenrepertoire (nach dem Thema \u201aGegeneinander\u2019) zur Folge, in das der Durchsetzungsmethoden nach einem Entweder- Oder: Gewinner oder Verlierer.<\/p>\n

Zeigt sich, dass es n\u00e4mlich nur noch um Durchsetzungsmethoden in einem System geht, ist der Boden f\u00fcr eine loyale Gemeinschaft schon entzogen, weil einem der Schaden des anderen dabei egal ist; es geht nicht mehr um das Interesse an den Interessen des anderen und deren Abstimmung.<\/p>\n

Was jetzt meistens zus\u00e4tzlich noch passiert, ist folgendes: In Bezug auf die m\u00f6glichen Durchsetzungsmethoden verschafft sich der Schadenserzeuger die Bewertungshoheit: Gel\u00e4ndegewinne, sowie die Sicherung vorteilhafter Lebens- und Verteidigungsgrundlagen werden als \u201agut\u2019 und legitim, also keine Gewalt, deklariert, das Sich-direkt-dagegen-Wehren mit sichtbarem k\u00f6rperlichem Einsatz wird als \u201ab\u00f6se\u2019, als abzulehnende \u201aGewalt\u2019 abgewertet und diese darf bestraft werden (so \u00e4hnlich l\u00e4uft das zwischen Israelis und Pal\u00e4stinensern und bei allen Gro\u00dfgrundbesitzer- Gesellschaften).<\/p>\n

4.\u00a0 Wof\u00fcr sich die Bewertungshoheit \u00fcber die Durchsetzungsmethoden\u00a0 etabliert <\/strong><\/p>\n

Das \u00f6ffentliche breite Reden suggeriert, es ginge nur um die deutlich sichtbaren \u201ab\u00f6sen\u2019 Durchsetzungsmethoden, n\u00e4mlich die offene sichtbare \u201aGewalt\u2019 auf der Stra\u00dfe. Es dient aber eigentlich nur zwei Absichten: Erstens der Verschleierung der eigentlich nicht vorhandenen Bereitschaft, f\u00fcr die gleichberechtigte\u00a0 Interessensabstimmung innerhalb einer sozialen Gemeinschaft etwas zu tun und zweitens zur Imagepflege, als wenn man noch in einer sozialen loyalen Gemeinschaft lebte.\u00a0 Mit der Scheinloyalit\u00e4t wird ein schon l\u00e4ngst bestehendes \u201aGegen\u2019 unkenntlich gemacht und somit ein offener Krieg gegen Mitglieder des eigenen Sozialsystems zun\u00e4chst umgangen. Nur diese sind in massive Bedr\u00e4ngnis gebracht und k\u00f6nnen nicht einfach gehen.<\/p>\n

Man merke sich: Die loyale Ebene ist schon l\u00e4ngst verlassen, wenn es nur um die Durchsetzungsmethoden geht.<\/p>\n

Mit der Scheinloyalit\u00e4t l\u00e4sst sich jedoch eine willkommene\u00a0 Diskussion \u00fcber\u00a0 k\u00f6rperliche Gewalt derjenigen endlos f\u00fchren, die sich gegen den zuvor erzeugten Schaden nicht mehr anders zu wehren wussten: Das eigene zuvor asoziale Verhalten kann verschleiert werden, dadurch dass man mit dem Finger auf andere zeigt und ihn der nicht zu billigen \u201aGewaltanwendung\u2019 bezichtigt.<\/p>\n

Wenn so aber anderen Mitglieder des selben sozialen Systems ein doppelter Schaden zuf\u00fcgt wird (auf der Interessensebene und auf der Imageebene), dann ist ein friedliches und konstruktives Zusammenleben nicht mehr m\u00f6glich.<\/p>\n

5.\u00a0 Worum es eigentlich geht<\/strong><\/p>\n

Eigentlich geht es um ein viel generelleres Thema: – Es geht um die Pflege kommunikativer Koordinierungsmethoden zur Befragung, Abstimmung und Koordinierung von Interessen f\u00fcr den beidseitigen \u201aGewinn\u2019 und zur Vermeidung jedweden m\u00f6glichen Schadens in einer Gemeinschaft; g\u00f6nnt man dem anderen einen \u201aGewinn\u2019, entsteht ein \u201aF\u00fcreinander\u2019. (Deswegen verteilen zur Zeit manche gef\u00e4hrdete arabische Staaten gro\u00dfe Geldsummen an ihre eigene Urbev\u00f6lkerung, damit es dort nicht zu Demonstrationen und zum Umsturz kommt). Auch mit einem bedingungslosen Grundeinkommen w\u00fcrde sich wieder eine soziale loyale Gemeinschaft entwickeln k\u00f6nnen. Dass das wenigstens halbwegs klappt, w\u00fcnscht man sich eigentlich idealerweise von der Demokratie.<\/p>\n

Daf\u00fcr m\u00fcsste aber das Muster \u201a\u00fcberm\u00e4\u00dfiger Gewinne auf Kosten und zum Schaden anderer\u2019 st\u00e4rker negativ sanktioniert werden und nicht umgekehrt, sogar noch gefeiert werden d\u00fcrfen.<\/p>\n

6. Beispiel Stuttgart 21: Unter vielen wachen Augen <\/strong><\/p>\n

Auf die Auseinandersetzungen um Stuttgart 21 angewendet hei\u00dft das folgendes: Bestimmte Wirtschaftsinteressen (Bahn) und politische Interessen (nicht nur CDU) haben sich vom Gemeinwohl und vor allem von der Bereitschaft, kommunikative Koordinierungsmethoden anzuwenden, verabschiedet.<\/p>\n

–\u00a0 Das erkennt man daran, dass die Bahn (und die vorherige Regierung in Stuttgart) nur auf Durchsetzungsmethoden setzt; das macht man nur mit Gegnern, mit Feinden, also Menschen, die man nicht zum gleichen Loyalit\u00e4tssystem dazu rechnet und letztlich ausschlie\u00dft (wenn man sie nicht zur Stadt hinauskriegt,\u00a0 dann versklavt man sie).<\/p>\n

– Das erkennt man daran, dass diese sowieso schon dominierenden Interessensgruppen jetzt noch vehement die \u201aGewaltdiskussion\u2019 aufmachen und\u00a0 anderen Sozialmitgliedern zum ersten Schaden noch einen weiteren hinzuf\u00fcgen, um die\u00a0 Diffamierung und Ausschlie\u00dfung angeblich gewaltbereiter Gruppierungen \u00f6ffentlichkeitswirksam begr\u00fcnden zu k\u00f6nnen.<\/p>\n

Das sch\u00f6ne an den Stuttgarter Verh\u00e4ltnissen aber ist folgendes: Es l\u00e4uft noch mal alles deutlicher und \u00fcber eine lange Zeit verteilt vor den Augen einer gr\u00f6\u00dferen wachen Zuschauermenge ab.<\/p>\n

Das Ergebnis: Man sieht die Scheinloyalit\u00e4ten (s. Etikettenschwindel) deutlicher und merkt, dass hier eine doppelte Schadenszuf\u00fcgung zum Zwecke der Verschleierung des eigenen asozialen Verhaltens im Gange ist.<\/p>\n

7.\u00a0 Die unorganisierte Realit\u00e4t der Protestkultur anerkennen<\/strong><\/p>\n

Bei der vorliegenden Situation S21 hat man es dank Aussparung kommunikativer Koordinierungsmethoden schon mit einer enorm einseitigen legitimierten Interessensdominanz zu tun, die es geschafft hat, auch zu suggerieren, es ginge nur noch um \u201agute- und b\u00f6se\u2019 Durchsetzungsmethoden.<\/p>\n

Mit dem Versuch, diese Art Abwertungen in die \u00f6ffentliche Diskussion einzuf\u00fchren, qualifiziert sich aber diese Interessensseite als ehrliche \u201aDemokraten\u2019 vollends ab, weil sie einen doppelten Schaden f\u00fcr andere in Kauf nimmt und bewusst inszeniert.<\/p>\n

Wenn man n\u00e4mlich in einer Demokratie ausdr\u00fccklich f\u00fcr Demonstrationen und Protestkundgebungen ist, muss man auch f\u00fcr einen entsprechenden \u201anichtbewertenden\u2019 Umgang mit ihnen sorgen:<\/p>\n

Die Realit\u00e4t ist, dass Protestbewegungen und Demonstrationen nat\u00fcrlich nie eine Organisationsform haben k\u00f6nnen wie die Polizei oder Beh\u00f6rden, (obwohl das Organisieren, d.h. das Zustandebringen einer Protestbewegung durch die elektronischen Medien in j\u00fcngerer Vergangenheit erheblich verbessert worden ist) und deswegen darf man sie nicht damit vergleichen und \u00e4hnlich behandeln:<\/p>\n

Es kommen Menschen zusammen,
\n–\u00a0 die sich meist noch nie zuvor gesehen haben,
\n–\u00a0 die keinen \u00dcberblick dar\u00fcber haben, was drei Meter weiter weg von ihnen gerade passiert,
\n–\u00a0 die nur wenige gemeinsame Strategien vorweg absprechen und sich kaum \u00fcber Funk verst\u00e4ndigen k\u00f6nnen (noch schwerer, wenn die Polizei den Handy- Kontakt st\u00f6rt),
\n–\u00a0 die vor Ort nur ganz wenig Einfluss und Kontrolle \u00fcber die Koordinierung bestimmter Handlungsabl\u00e4ufe haben k\u00f6nnen,
\n–\u00a0 die keine Befugnisse haben, sich gegenseitig Anweisungen geben zu d\u00fcrfen, (der andere muss nicht tun, was man ihm sagt).<\/p>\n

Das sind gravierende Schw\u00e4chen und Nachteile einer unorganisierten Bewegung und die sind ihr inh\u00e4rent und das wei\u00df jeder. Und man darf sie nicht noch ausnutzen und ihr vorwerfen.<\/p>\n

Eine Protestbewegung trifft vor Ort auf eine Polizei, die hoch trainiert ist, straff hierarchisch organisiert und kommunikativ intensiv vernetzt \u00fcber Sprechfunk. Wenn in einem solchen – auf perfektes Funktionieren ausgerichteten Organisationsgebilde – an irgendeiner Stelle etwas Unkontrolliertes passiert, kann man entsprechenden F\u00fchrungskr\u00e4ften in Richtung Verantwortung\u00a0 Vorw\u00fcrfe machen.<\/p>\n

8. Zum pfleglichen \u201anichtbewertenden\u2019 Umgang mit Unkontrollierbarem <\/strong><\/p>\n

Wenn man jedoch einer Protestbewegung trotz dieses Wissens Vorw\u00fcrfe macht, weil angeblich sogenannte \u201aAusschreitungen\u2019, also Besch\u00e4digungen von Sachen und Personen passieren,\u00a0 \u201agewaltbereite Personen\u2019 gesichtet wurden, wirft das vor allem ein bezeichnendes Licht auf diejenigen, die so argumentieren und so viel Aufhebens davon machen und die unterschiedlichen Realit\u00e4ten nicht verstehen oder verstehen wollen.<\/p>\n

Versucht aber obendrein die Polizei diese Schw\u00e4chen einer solchen Bewegung im schlimmsten Fall noch auszunutzen, indem sie in die anonyme Menge Provokateure einschleust, die zu gewaltt\u00e4tigen Handlungen anstiften, dann ist der gemeinsame Boden f\u00fcr ein soziales Gemeinschaftsgef\u00fcge mehr als gef\u00e4hrdet.<\/p>\n

Es ist juristisch festgelegt, was bei Demonstrationen tolerierbar ist und was nicht und was damit nicht strafbar sein darf, weil sonst Protestveranstaltungen witzlos sind.<\/p>\n

Nur fehlt es eindeutig an moderneren Beurteilungsma\u00dfst\u00e4ben daf\u00fcr, wenn bei solchen Protestveranstaltungen Unbeabsichtigtes und Unkontrollierbares passiert. Bisher wurde das immer von der politischen Seite schamlos ausgenutzt und zu Lasten von Protesten gerechnet.\u00a0 Da ist eine gro\u00dfe L\u00fccke, die sich jetzt deutlicher bei den zivilen und relativ kontrollierten Protesten in Stuttgart zeigt.<\/p>\n

Man muss sogar sagen, dass bei Entgleisungen mit zweierlei Ma\u00df gemessen werden m\u00fcsste: Bei der straff gef\u00fchrten Polizei anders als bei unorganisierten Demonstranten.<\/p>\n

Hier soll vor allem eines gezeigt werden, dass man eine solch unorganisierte Protestbewegung, die auch noch als \u00f6ffentliche Veranstaltung ohne Eintrittskarte funktioniert und soziologisch kaum zu definieren ist, nicht mit einer straffen hierarchischen Organisation vergleichen darf.\u00a0 Auch das Entstehen von Teams, Arbeitsgruppen und spontanen Aktionsb\u00fcndnissen darf nicht zum Anlass genommen werden, hier zu meinen, man k\u00f6nne (juristische) Verantwortungen wie in einer Organisation ausmachen oder einzelne \u201aAusschreitungen\u2019 oder \u00dcbertretungen der ganzen Bewegung anlasten. Hier kommt man wahrscheinlich nicht mit juristischen Mitteln weiter.<\/p>\n

Zu einer neuen Protestkultur, wie sie in Stuttgart entstanden ist, geh\u00f6rt auch, dass die Medien, die Juristen und Politiker dringend dazulernen m\u00fcssen, wie man anders mit Unkontrollierbarem umgeht, sonst nimmt man Proteste nicht als demokratische Veranstaltung ernst.<\/p>\n

Autor: Dr. R. Schmittmann, Psychologe
\nww.schmittmann-coaching.de<\/a><\/p>\n

(27. Juni 2011 von Walli<\/a>)<\/h6>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Gedanken zum Thema \u201aGewalt\u2019 in der \u00f6ffentlichen Diskussion Autor: Dr. R. Schmittmann, Psychologe Es braucht dringend kl\u00e4rende Strukturierungen, wenn in einer demokratischen Gesellschaft \u00fcber Gewalt geredet wird, weil die Kommunikation mit diesem Begriff sehr schwierig und manchmal undurchsichtig ist und … Weiterlesen →<\/span><\/a><\/p>\n","protected":false},"author":2,"featured_media":0,"comment_status":"open","ping_status":"closed","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":[],"categories":[279,927,673,470,929,256,928],"tags":[1302,1836,1632,1455,1838,1283,1837],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/barrierefrei.gegen-stuttgart-21.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/6269"}],"collection":[{"href":"https:\/\/barrierefrei.gegen-stuttgart-21.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/barrierefrei.gegen-stuttgart-21.de\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/barrierefrei.gegen-stuttgart-21.de\/wp-json\/wp\/v2\/users\/2"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/barrierefrei.gegen-stuttgart-21.de\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=6269"}],"version-history":[{"count":4,"href":"https:\/\/barrierefrei.gegen-stuttgart-21.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/6269\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":6271,"href":"https:\/\/barrierefrei.gegen-stuttgart-21.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/6269\/revisions\/6271"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/barrierefrei.gegen-stuttgart-21.de\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=6269"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/barrierefrei.gegen-stuttgart-21.de\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=6269"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/barrierefrei.gegen-stuttgart-21.de\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=6269"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}