Stuttgarter Zeitung:
Kommentar zum Stresstest: Ein ordentliches Zeugnis für S 21
(Achim Wörner, vom 22.07.2011)
Auszug daraus:
[…] Und doch ist das Zeugnis für die Bahn bei genauer Lektüre nicht an allen Stellen formidabel. Ginge es nach Schulnoten, hat es unter dem Strich die Note Zwei bis Drei gegeben, nicht schlechter, aber auch nicht besser, zumal es Nachbesserung braucht. Unter anderem wird – was ursprünglich so nicht vorgesehen war, von den Gutachtern aber bereits unterstellt ist – ein zweites Zulaufgleis zum Flughafen gebaut werden müssen, um Kollisionen zu vermeiden. Zumindest als Option empfehlen die SMA-Ingenieure auch, bei Wendlingen, wo sich die Strecken Flughafen-Ulm und Tübingen- Plochingen treffen, kreuzungsfreie Wege zu schaffen. Das wird womöglich die Kostendiskussion neu aufflammen lassen. […]
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Nach soeben erfolgter Lektüre des Kommentars von Herrn Wörner in der Stuttgarter Zeitung – Kommentar zum Stresstest: Ein ordentliches Zeugnis für S 21 (Stuttgarter Zeitung, Achim Wörner, vom 22.07.2011) – hier der folgende Kommentar einer Leserin:
Note 2-3 – ja, Herr Wörner, so würde ich das im besten Fall auch beurteilen. Dies ist eigentlich kein Beinbruch, aber wenn man dem gegenüber stellt, dass der jetzige Kopfbahnhof laut Stiftung Warentest (und hierbei sprechen wir nicht von der Theorie, sondern von der täglichen Praxis) die Note 1-2 erhält, so finde ich das Ergebnis des angeblichen Stresstests mehr als schwach. Warum für viel Geld etwas erwerben, was viel besser bereits vorhanden ist? Und genau daran krankt die ganze Geschichte: Die Bahn will sehr viel (von unser aller) Geld ausgeben, um etwas zu bauen, was niemals so gut sein wird wie das, was wir bereits haben. Und Sie wundern sich über die Verärgerung der Gegner? Ist so ein Verhalten klug? Ist es wirtschaftlich? Ist es vernünftig? Dreimal NEIN, und da wir wissen, dass die Bahn sich vehement gegen einen Leistungstest für den vorhandenen Bahnhof wehrt, wissen wir alle nur allzu gut, dass sie befürchtet, genau dies schwarz auf weiß zu bekommen, was wir alle schon wissen: Wir haben einen sehr guten Bahnhof, der mit wenig Geld noch besser gemacht werden kann. Aber dann würde die Bahn als Bauherrin nicht so viel unserer Steuergelder für den eigenen Bedarf (z.B. zum Schönen ihrer Bilanzen) abgreifen können wie bei S21, und da liegt der Hund begraben.
Es wäre schön, wenn auch die Medien ein bisschen genauer hinter die Kulissen schauen und sich nicht immer so schnell auf das (verständliche) Spiel der Bahn einlassen würden, denn gerade in der heutigen Zeit geht es darum, unsere knappen Gelder sinnvoll auszugeben und nicht die persönlichen Wünsche von Wirtschaftsunternehmen zu erfüllen. Ich wette mit Ihnen, Herr Wörner, dass das ganze Projekt schon längst vom Tisch wäre, wenn ein privatwirtschaftliches Unternehmen dafür gerade stehen müsste!
Als kleines Schmankerl obendrein zitiere ich gerne den letzten Satz aus dem Audit der sma, und der sagt eigentlich relativ klar alles, was zum Thema (angeblicher) Stresstest zu sagen ist (die Bahn hat klugerweise vermieden, echte Stresssituationen, wie sie heutzutage praktisch täglich im Bahnbetrieb vorkommen, mit einzurechnen – es sind lediglich Ministressle, die berücksichtigt wurden):
„Mit Umsetzung aller geforderten aber nun noch nicht eingeflossenen Nachbesserungen ist zwar eine w e i t e r e Verschlechterung der Betriebsqualität zu erwarten.
Eine d e u t l i c h e Verschlechterung insbesondere mit stark steigenden Folgeverspätungen („Kippen“ des Modells) ist jedoch n i c h t a b s e h b a r.“ Ende des Zitats. Ich denke, jeder mit halbwegs gutem Leseverständnis wird genau das verstehen, was die sma aussagen wollte, nämlich: Das Ganze ist bereits jetzt deutlich verbesserungsfähig, aber wenn das noch getan wird, was wir empfehlen und fordern, ist nicht vorherzusagen, wie schlecht das Ganze noch werden wird. Hätte sie es positiv ausdrücken wollen, hätte sie nämlich geschrieben: „Ein Kippen des Modells ist nicht zu e r w a r t e n!“ Noch Fragen, Herr Wörner???