Nachteile durch Stuttgart 21 (Strecken/Linien)

Nachteile durch S21  (Strecken/Linien)

S21 ist vollständig ein Segen für Baden-Württemberg? Gelogen!!  –   Hier findet Ihr ein paar interessante Fakten.

Kleiner Tipp: falls Eure Region betroffen ist, konfrontiert mal Eure lokalen Politiker (Bürgermeister, Stadträte) damit. Es ist erschreckend, wie wenig die oft wissen…

Für alle Strecken/Linien durch Stuttgart gilt allgemein: In welchem Ausmaß in der Verkehrsspitze zusätzliche Züge wie heute das Angebot nach Stuttgart verdichten können, hängt davon ab, zu welchen Zusatzinvestitionen DB und Land bereit sind. Die Schlichtung hat gezeigt, dass der geplante 8-gleisige Tunnelbahnhof nicht in der Lage sein wird, zwischen 7 und 8 Uhr das heutige Angebot mit vielen Zusatzzügen zu verkraften.

Stuttgart 21 wird die Pünktlichkeit verschlechtern, denn in dem zu kleinen Bahnhof müssen alle Gleise in dichten Abständen belegt werden, so dass ein Zug seine Verspätung auf mehrere andere Züge überträgt. Anschlüsse für Umsteiger werden schlechter, denn die durchschnittliche Wartezeit beim Umsteigen wird länger sein als heute, weil der Fahrplan sich nicht an Anschlüssen orientiert sondern an der Frage, wann in dem Minibahnhof Platz für einen Zug ist.

INHALT:
1. Bahnhof Stuttgart-Bad Cannstatt
2. Neckar-Alb-Bahn Wendlingen – Nürtingen – Metzingen – Reutlingen – Tübingen
3. Zollernbahn Tübingen – Hechingen – Sigmaringen – Aulendorf
4. Filstalbahn Stuttgart – Göppingen – Geislingen – Ulm
5. Remsbahn Stuttgart – Schwäbisch Gmünd – Aalen
6. Murrbahn Stuttgart – Schwäbisch Hall-Hessental
7. Frankenbahn Stuttgart – Heilbronn – Würzburg
8. Gäubahn Stuttgart – Eutingen – Singen/Freudenstadt
9. Relation Gäubahn – Frankenbahn (Singen – Stuttgart – Heilbronn (- Würzburg))
10. Region Freudenstadt
11. Residenzbahn Stuttgart – Pforzheim – Karlsruhe
12. Region Neckar-Odenwald-Kreis (NOK); Wahlkreis von Hauk
13. Region “Mittlerer Oberrhein” (Baden-Baden – Karlsruhe – Pforzheim)
14. Region Schwarzwald-Baar, Rottweil, Tuttlingen
15. Region Singen
16. Region Ulm
17. Südbahn Ulm – Biberach – Ravensburg – Friedrichshafen
18. Schnellfahrstrecke Stuttgart – Ulm

 

1. Bahnhof Stuttgart-Bad Cannstatt:

Der Bahnhof Bad Cannstatt ist DER große Verlierer des Projektes Stuttgart 21. Der Grund ist ganz einfach: Fast alle auf dem Weg vom Stuttgarter Hbf über Plochingen nach Ulm oder Tübingen fahrenden Regionalzüge werden über die neue unterirdische Trasse an Bad Cannstatt vorbei direkt nach Esslingen geleitet. Die Folge: Statt heute 193 RE- und RB-Züge werden den Bahnhof Bad Cannstatt nur noch rund 140 Züge pro Tag bedienen.

Im Einzelnen soll sich folgendes ändern:

  • Die S-Bahnen von Bad Cannstatt enden zukünftig alle in Schwabstraße, denn weiter in Richtung Vaihingen werden die Linien S4, S5 und S6 fahren. Diese Veränderung ist eine Ursache der Fahrzeitverlängerung um zwei Minuten durch den neuen Bahnhof Mittnachtstr. Fahrzeitverlängerung nach Vaihingen, zum Flughafen und nach Herrenberg 5 Minuten.
  • Die Remsbahn fährt ganztägig alle 30 Minuten
  • Die Murrbahn wird von der RB weiterhin nur stündlich bedient. Zusätzlich fährt alle 2 Stunden ein RE von/nach Nürnberg, der zwischen Backnang und Schwäbisch Hall nur zweimal hält. Diese Züge halten in Bad Cannstatt nur in Richtung Stuttgart. Wer in Richtung Crailsheim einsteigen will muss dies schon bei der Fahrt in Richtung Stuttgart tun und darf dann in Stuttgart Hbf rund 10 Minuten warten.
  • Die stündlichen Regionalbahnen von Schwäbisch Hall fahren weiter über Flughafen und Böblingen nach Freudenstadt, Rottweil oder Singen.  Dies ist der einzige Vorteil von S21 für Bad Cannstatt.
  • Auf der Filstalstrecke sollen zukünftig stündlich je ein RB- und RE-Zug Richtung Göppingen – Ulm fahren. Ohne Umweg über den neuen Hauptbahnhof hält aber nur der RB-Zug in Bad Cannstatt und das auch nur am Morgen in Richtung Stuttgart und am Nachmittag aus Richtung Stuttgart. Ansonsten gilt, wie auch beim RE-Zug: Man kann zwar ohne Umsteigen nach Göppingen fahren, muss aber den Umweg über den Hauptbahnhof und 10-13 Minuten Aufenthalt dort mitmachen. Fahrzeitverlust: 10-15 Minuten!
  • In Richtung Tübingen gibt es nur noch stündliche Züge über Flughafen, Nürtingen und Reutlingen. Wegen 12 Minuten Aufenthalt im Hauptbahnhof verlängert sich die Fahrzeit nach Nürtingen um 4 Minuten. Nach Wendlingen kommt man nur noch mit der S-Bahn (Fahrzeitverlust  7 Minuten) und nach Metzingen ohne Umsteigen überhaupt nicht mehr.

2. Neckar-Alb-Bahn Wendlingen – Nürtingen – Metzingen – Reutlingen – Tübingen:

S21 sieht vier Linien im Stundentakt vor:

  1. [KA/HD – Bietigheim -] Stuttgart – Flughafen – Nürtingen – Reutlingen – Tübingen,
  2. [Aalen -] Bad Cannstatt – Stuttgart – Flughafen – Nürtingen – Reutlingen – Tübingen,
  3. [Osterburken – Heilbronn -] Stuttgart – Esslingen – Plochingen – Wendlingen – Nürtingen – Metzingen – Reutlingen – Tübingen,
  4. [Mannheim – Heilbronn -] Stuttgart – Esslingen – Plochingen – Wendlingen – alle Bahnhöfe – Tübingen.

Außerhalb der eckigen Klammern sind jeweils alle Halte angegeben. Die Linien 1) und 2) bieten einen 30-Minuten-Takt Stuttgart – Tübingen, die Linien 3) und 4) einen 30-Minuten-Takt Heilbronn – Wendlingen.

  • Nur Nürtingen, aber nicht Metzingen, profitiert von S21, denn es wird an die Schnellverbindung über Flughafen zum Stuttgarter Hbf angebunden und bekommt vier Verbindungen pro Stunde nach Stuttgart, Reutlingen und Tübingen. Wendlingen und Metzingen bekommen ganztägig einen Halbstundentakt nach Stuttgart, aber ohne Halt in Bad Cannstatt. Richtung Tübingen bleibt das Angebot im Tagesverkehr gleich (eine RB und RE stündlich) Im Berufsverkehr entfällt aber der zweite RE ersatzlos!
  • Die Fahrzeit zum Flughafen verkürzt sich vor allem ab Nürtingen auf nur noch 10 Minuten. Von Metzingen und Wendlingen muss man aber in Nürtingen umsteigen und wartet dort bis zu 19 Minuten.
  • Die Schnellverbindung nach Stuttgart fährt alle 30 Minuten, Fahrzeit 44 Minuten ab TÜ und 34 Minuten ab RT. Über Plochingen fährt nur noch ein RE je Stunde. Die 2. Verbindung ersetzt die heutige RB (mit Halt an allen Bahnhöfen bis Wendlingen!), die dann von Plochingen weiter nach Stuttgart fährt. Das bestehende Angebot bis Plochingen wird also im Berufsverkehr um einen RE/Stunde gekürzt!
  • Zum Flughafen fährt alle 30 Minuten ein Zug, Fahrzeit ab RT 25 und ab Tübingen 35 Minuten. Die Anschlüsse am Flughafen von/nach Ulm sind schlecht (20-23 Minuten Aufenthalt). Mindestfahrzeit nach Ulm von TÜ 1h22, von RT 1h12. Es gibt von Stuttgart und Reutlingen Richtung Rottenburg|Sigmaringen _keine_ durchgehenden Züge mehr! Es muss _immer_ in Tübingen umgestiegen werden!

3. Zollernbahn Tübingen – Hechingen – Sigmaringen – Aulendorf:

  • wegen Verbot von Dieselfahrzeugen im Regelverkehr im Tunnelbahnhof Stuttgart Hbf Verlust der schnellen zweistündigen IRE-Neigetechnikverbindung nach Stuttgart; genereller Umsteigezwang in Tübingen
  • kein Fahrzeitvorteil Tübingen – Reutlingen – Stuttgart mit S21; unter Berücksichtigung der Neigetechnikfahrzeiten sogar geringfügige Fahrzeitverlängerung über Wendlinger Kurve und Flughafen.

4. Filstalbahn Stuttgart – Göppingen – Geislingen – Ulm:

  • Die meisten Züge aus dem Filstal nach Stuttgart befahren die neue Strecke an Bad Cannstatt vorbei zum Stuttgarter Hbf und sind dabei 3-4 Minuten schneller als heute. Dies verschlechtert das Angebot nach Bad Cannstatt drastisch. Es kommt zu Fahrzeitverlängerungen bis zu 16 Minuten!
  • Die IRE-Linie Lindau – Ulm – Stuttgart fährt ganztägig im Stundentakt. Von Stuttgart fährt sie weiter über Vaihingen an der Enz, Mühlacker und Pforzheim nach Karlsruhe.
  • Jeweils stündlich sind RE-Züge Ulm – Stuttgart – Aalen mit Halten im Filstal in Geislingen, Süßen, Eislingen, Göppingen und Reichenbach sowie RB-Züge Ulm – Stuttgart mit Halt an allen Stationen bis Plochingen eingeplant. Für Faurndau, Uhingen und Reichenbach bedeutet dies eine Verschlechterung, denn dort sollen nur noch stündlich Züge halten.
  • Der Fernverkehr im Filstal soll völlig wegfallen! Es sind zwar stündlich drei Züge von Stuttgart nach Ulm über die Neubaustrecke geplant, aber keine Linie mehr über Göppingen. Im Klartext: Plochingen, Göppingen und Geislingen werden ihre Fernverkehrsanbindung an Karlsruhe, Mannheim und München verlieren!
  • Stuttgart 21 ist keine Voraussetzung für einen S-Bahn-Betrieb im Filstal. Aber: Eine S-Bahn würde auf jeden Fall eine erheblich längere Reisezeit nach Stuttgart bedeuten, da zwischen Plochingen und Stuttgart auch an allen Stationen gehalten wird. Besser wäre ein Halbstundentakt der heutigen RB-Züge im Filstal mit Anschluß an die S1 in Plochingen. Dies ist jedoch mit Stuttgart 21 wegen des zu kleinen Bahnhofes in Stuttgart nicht mehr möglich.

5. Remsbahn Stuttgart – Schwäbisch Gmünd – Aalen:

  • Die RE-Linie Aalen – Schwäbisch-Gmünd – Stuttgart fährt ganztägig im 30-Minuten-Takt. Von Stuttgart wird stündlich über Flughafen, Nürtingen, Reutlingen nach Tübingen und stündlich über Plochingen, Göppingen nach Ulm weitergefahren.
  • Die Fahrzeit Aalen – Stuttgart verkürzt sich gegenüber heute um 3 Minuten auf 60 Minuten. Diese Verkürzung ermöglichen moderne spurtstärkere Züge zwischen Aalen und Schorndorf. Zwischen Schorndorf und dem neuen Stuttgarter Tiefbahnhof bleibt die Fahrzeit unverändert bei 24 Minuten. Zum Flughafen dauert die Fahrt von Aalen 72 Minuten und nach Tübingen 109 Minuten.
  • Von und zur Wieslauftalbahn (Schorndorf – Rudersdorf) verschlechtern sich die Anschlüsse teilweise drastisch. Diese erhält morgens und nachmittags jeweils andere Abfahrtzeiten, damit wenigstens in Lastrichtung einigermaßen akzeptable Anschlüsse von bzw. zu den RE-Zügen entstehen. Wer das Pech hat, entgegen dem Hauptstrom zu pendeln, muss in Schorndorf im Halbstundentakt jeweils 25 Minuten warten. Und von und zur S-Bahn beträgt der Aufenthalt immer mindestens 16 Minuten.
  • Beim Fernverkehr wird die IC-Linie Nürnberg – Karlsruhe ersetzt durch eine ICE-Linie Nürnberg – Stuttgart – Singen – Zürich, die wie die heutige IC-Linie alle 2 Stunden fährt. Es existiert also keine Direktverbindung Richtung Karlsruhe mehr.

6. Murrbahn Stuttgart – Schwäbisch Hall-Hessental:

  • Die RE-Linie Nürnberg – Schwäbisch-Hall-Hessental – Stuttgart fährt wie bisher im 2-Stunden-Takt. Zwischen Hessental und Backnang hält sie nur noch in Gaildorf West und in Murrhardt. Die Fahrzeit Schwäbisch Hall-Hessental – Stuttgart verkürzt sich auf 57 Minuten.
  • Zusätzlich fährt eine stündliche RB-Linie Schwäbisch Hall-Hessental – Stuttgart – Stuttgart Flughafen – Herrenberg. Von Herrenberg wird alternierend alle zwei Stunden entweder als RB nach Freudenstadt und Rottweil (Zugteilung in Eutingen) oder als RE nach Singen gefahren. Die Fahrt ab Hessental dauert nach Stuttgart Hbf 59 Minuten und zum Flughafen 72 Minuten.
  • Die Murrbahn profitiert also nicht von der in der S21-Werbung lange Zeit versprochenen Verdichtung des Angebotes auf allen Strecken auf einen Halbstundentakt. Bei den meisten Halten bleibt es wie bisher beim Stundentakt.
  • Die spürbaren Kürzungen der Fahrzeit zwischen Hessental und Stuttgart um eine runde Viertelstunde werden durch spurtstärkere neue Triebzüge und damit verbunden einem besseren Fahrplan auf der eingleisigen Strecke Schwäbisch Hall-Hessental – Backnang ermöglicht. Das führt bis Backnang zu einer Beschleunigung um 14 Minuten. Von Backnang nach Stuttgart Hbf verkürzt sich die Fahrzeit durch S21 gerade einmal um 2 Minuten.

7. Frankenbahn Stuttgart – Heilbronn – Würzburg

  • Die RE-Linie Würzburg – Heilbronn – Stuttgart soll stündlich fahren und von Stuttgart Hbf weiter über Stuttgart Flughafen und die Neubaustrecke nach Ulm fahren. Die in der S21-Propaganda beworbene Verlängerung nach Friedrichshafen ist nur als sogenannte “Option” vorgesehen. Fahrzeit und zeitliche Lage zwischen Würzburg und Heilbronn bleiben unverändert, ebenso die heutigen Probleme: Schlechte Anschlüsse in Lauda in den Verbindungen Heilbronn <-> Bad Mergentheim und Würzburg <-> Tauberbischofsheim, extrem knappe und damit häufig gefährdete Anschlüsse in Osterburken zur S-Bahn-Linie 1 und fehlende Anschlüsse zu anderen Zügen in Heilbronn.
  • Eine neue stündlich fahrende RB-Linie Osterburken – Heilbronn – Stuttgart – Plochingen – Tübingen bietet endlich ein vertaktetes RB-Angebot zwischen Osterburken und Heilbronn. Die Durchbindung nach Tübingen ist wegen der vielen Unterwegshalte wenig attraktiv (Fahrzeit Osterburken – Tübingen 2,5 Stunden).
  • Die RB-Züge Heilbronn – Stuttgart fahren wie bisher halbstündlich. Sie sollen auch halbstündlich in Nordheim halten. Es gibt zwei stündlich fahrende Linien: Eine Linie kommt von Osterburken (mit Halt auf allen Zwischenstationen) nach Heilbronn, die zweite Linie kommt als RE von Mannheim (alternierend je alle 2 Stunden über Eberbach oder Sinsheim). Beide Linien fahren von Stuttgart weiter nach Tübingen über Plochingen. Es besteht also alle 30 Minuten eine durchgehende Verbindung Heilbronn – Tübingen, wegen der vielen Unterwegshalte aber mit einer relativ langen Fahrzeit von 96-106 Minuten.
  • Zwischen Heilbronn und Stuttgart Hbf verkürzt sich die Fahrzeit beim RE um 3 Minuten und bei der RB um 5 Minuten. Vor allem die Verkürzung bei der RB findet hauptsächlich im Streckenabschnitt Heilbronn – Bietigheim statt und ist dem Einsatz spurtstärkerer moderner Züge zu verdanken und hat somit wenig mit Stuttgart 21 zu tun.

8. Gäubahn Stuttgart – Eutingen – Singen/Freudenstadt:

  • Die RE-Linie Freudenstadt – Eutingen – Herrenberg – Böblingen – Stuttgart fährt alle zwei Stunden und wird in Eutingen mit einem Zugteil von Rottweil vereinigt. In der anderen Stunde fährt die S41 nicht mehr bis Eutingen, sondern weiter bis Herrenberg, wo auf den RE von Singen bzw. auf die S-Bahn umgestiegen werden kann. Die RE-Linie Singen – Horb – Herrenberg – Böblingen – Stuttgart hält zwischen Horb und Herrenberg nicht mehr. Das bedeutet für die Bahnhöfe Eutingen, Ergenzingen, Bondorf und Gäufelden, dass nur noch alle zwei Stunden eine umsteigefreie Verbindung nach Stuttgart besteht. In der anderen Stunde muss in Herrenberg umgestiegen werden. Beide RE-Linien fahren neu über Stuttgart Flughafen.
  • Die Gäubahn profitiert also nicht von der in der S21-Werbung lange Zeit versprochenen Verdichtung des Angebotes auf allen Strecken auf einen Halbstundentakt. Es wird nur stündlich gefahren.
  • Die Fahrzeit von Freudenstadt nach Herrenberg, Böblingen und Stuttgart verlängert sich um 3 Minuten, von Eutingen, Ergenzingen, Bondorf und Gäufelden kommt es bei den Umsteigeverbindungen zu einer Fahrzeitverlängerung von 5 Minuten. Beide RE-Linien fahren von Stuttgart im Stundentakt weiter nach Schwäbisch Hall-Hessental.

9. Relation Gäubahn – Frankenbahn (Singen – Stuttgart – Heilbronn (- Würzburg)):

Allgemein scheint die Relation Gäubahn – Frankenbahn bei den S21-Planern als völlig überflüssig angesehen zu werden. Hier hat man schöne plastische Beispiele für das sogenannte Rücklicht-Prinzip:

Der Gäubahn-RE kommt zur Minute ’14 an, der IRE über Heilbronn nach Würzburg ist aber bereits zur Minute ’12 abgefahren. Der nächste langsamere RE mit allen Halten Richtung Heilbronn fährt auch bereits zur Minute ’16 – zwei Minuten Übergangszeit ist in Stuttgart heute und wohl auch in Zukunft kein offizieller Anschluß.

Nicht besser sieht es mit dem Einbeziehen des Fernverkehrs aus, der ICE aus der Schweiz kommt zur Minute ’45 an, bereits zur Minute ’46 fährt der dritte (und zweite langsame) Zug pro Stunde Richtung Heilbronn ab.

10. Region Freudenstadt:

Gemäß Streßtestfahrplan kommen die Züge aus Stuttgart bzw. Eutingen zur Minute ’14 bzw. ’18 an, die OSB Richtung Offenburg fahren jedoch zur Minute ’15 ab.

Umgekehrt kommen die OSB aus Richtung Offenburg zur Minute ’46 an, die Züge nach Eutingen bzw. Stuttgart fahren jedoch ’45 bzw. ’48 ab. Das macht einen knappen Nichtanschluß mit fast einer Stunde Wartezeit. Zur Zeit bestehen da schnelle 2-3 Minutenanschlüsse.

Wegen der Notwendigkeit des Nutzens der Begegnungsbahnhöfe Alpirsbach auf der Kinzigtalbahn bzw. Bittelbronn auf der Strecke Freudenstadt – Eutingen aufgrund der eingleisigen Infrastruktur und Einrichtung vier zusätzlicher Haltepunkte auf diesem Abschnitt läßt sich kaum was an den Fahrzeiten drehen. Eine Möglichkeit wäre die Nutzung des Bahnhofs Schopfloch weiter westlich, dies erfordert aber eine Fahrplanumgestaltung auf der Gäubahn und die ist aufgrund des Mischverkehrs Herrenberg – Abzw. Rohr und Abzw. Rohr – Flughafen mit den S-Bahnen (S1 und S2/S3) trassenmäßig schon weitgehend festgelegt.

11. Residenzbahn Stuttgart – Pforzheim – Karlsruhe:

  • Die IRE-Linie Karlsruhe – Pforzheim – Mühlacker – Vaihingen – Stuttgart fährt stündlich statt wie heute alle zwei Stunden. Von Stuttgart fährt sie weiter über Göppingen und Ulm nach Lindau. Die RB-Linie Karlsruhe – Pforzheim – Mühlacker – Vaihingen – Bietigheim – Stuttgart fährt wie heute ab Karlsruhe alle zwei Stunden und ab Mühlacker stündlich. Von Stuttgart fährt sie weiter über den Flughafen nach Tübingen.
  • Der Fernverkehr der Linie Karlsruhe – Pforzheim – Nürnberg wird eingestellt. Die Fernzüge nach Nürnberg kommen zukünftig als ICE von Zürich statt Karlsruhe. Da die ausfallenden Fernzüge im 2-Stunden-Takt durch eine Verdoppelung des IRE-Angebotes auf einen Stundentakt ersetzt werden, bringt dies den meisten Fahrgästen Vorteile, weil der IRE ja billiger ist. Wer allerdings zu den wenigen Fahrgästen gehört, welche die umsteigefreie Verbindung nach Nürnberg nutzen, wird sich über die mangelhafte Abstimmung zwischen IRE und Fernzug nach Nürnberg in Stuttgart ärgern, denn der Aufenthalt beträgt beim Umsteigen über 50 Minuten!
  • Das Gesamtangebot für Pforzheim, Mühlacker und Vaihingen bleibt gegenüber heute gleich. Auch die Fahrzeiten variieren höchstens um 2 Minuten. Nur wer zum Stuttgarter Flughafen möchte, kann dies ohne Umsteigen erledigen. Allerdings nur mit den langsamen Zügen über Bietigheim und ab Pforzheim nur alle zwei Stunden, ab Mühlacker und Vaihingen immerhin stündlich. Allerdings ist die Fahrzeit mit 64 Minuten ab Pforzheim nicht sehr attraktiv.

12. Region Neckar-Odenwald-Kreis (NOK); Wahlkreis von Hauk:

Verkehrlich:

  1. Schwachpunkt ist die eingleisige unelektrifizierte Westfrankenbahn-Strecke Seckach – Miltenberg. Letzter Zug fährt ab Seckach 20 Uhr. Danach noch zwei Linientaxis 21:20 und 23:25 Uhr zur S-Bahn. Außer 12-14 Uhr fahren die Züge zweistündlich. Diese sind nicht an den Takt der S-Bahn angepasst, so dass man aus Würzburg kommend immer 40 Minuten mindestens warten muss wegen 10 Minuten restlicher Fahrtzeit. Die meisten Fernreisenden aus WÜ oder S fahren lieber mit dem Taxi für 25 Euro, als die Wartezeit auf dem geschlossenen Bahnhof (nur eine Unterstellung auf den beiden Bahnhöfen und eine 2×10 m lange Treppe über eine Autobrücke, um zum anderen Gleis zu gelangen und zwei defekte Aufzüge) in Kauf zu nehmen. Nachts (warten auf Ruftaxi) tummelt sich da die Drogenjugend. Dorf ist ab 16 Uhr tot.
  2. Die letzte Direktverbindung mit Zug von Stuttgart nach Buchen/Miltenberg startet in Stuttgart 17:54 Uhr. Letzte Möglichkeiten mit Linientaxi (zusätzlich 2,5 Euro) ab Seckach starten in Stuttgart 18:54 und 21:15 Uhr (Ankunft Seckach 21:20 und 23:20 Uhr). Letztere ist kaum zu schaffen, da nur 5 Minuten Umstieg in Neckarelz, bei entlegenem Bahnsteig.
  3. Solange die Westfrankenbahn nicht ausgebaut wird, bringt die häufigere Frequenz nach Würzburg keine Vorteile für den NOK, weil man nicht weiterkommt. Auch die S-Bahn in Osterburken ist schlecht eingetaktet, so dass die eine 2 Minuten vor Ankunft aus WÜ wegfährt und die nächste erst wieder in einer Stunde. Muss geklärt werden, ob die Strecke ab- oder ausgebaut wird. Ohne dieses hat S 21 für die Region keine Vorteile.
  4. Frage ist, wie die 4 Züge zwischen 6-10 Uhr RE Tübingen-Osterburken stündlich gefahren werden sollen, wenn bereits um Stunde 7 zwei Züge im 40 Minuten-Abstand Stuttgart verlassen. Wie ist die Weiterfahrt nach WÜ und Lauda abgesichert? Es ist nicht geklärt, ob der im Stresstest erwähnte IRE Stuttgart – Würzburg (in den Zeiten 6-10 vier Stück, davon zwei in Stunde 7 und im 10-Minuten-Abstand zu dem Tübingen-Osterburken-RE) überhaupt über Osterburken oder über Crailsheim fahren soll. Wenn über Osterburken, wären es in Hauptzeit 7 des Stresstestes 3-4 Züge im 30-10-Minuten-Abstand in Osterburken. Dafür ist der Bahnhof (4 Gleise) nicht ausgelegt. Dann mal 2 Stunden nichts.

Analogiethemen von Bürgern zu K21 genannt:

  1. Der Abriss des historischen Bahnhofs durch Ersetzen einer offenen Glasüberdachung statt Bahnhof mit neuem Bahnsteig der Kreisstadt Mosbach sorgte bei zwei K21-Tagen vor Ort für Sympatien, da deren Bürgerinititiative kein Erfolg hatte.Aus Wikipedia “Mosbach”: “Die Peripherie der Altstadt wurde und wird verkehrlich neu gestaltet. Durch den Abriss des Alten Bahnhofes – eine Bürgerinitiative „Rettet den Bahnhof“ hatte sich sechs Jahre lang vergeblich für den Erhalt des denkmalgeschützten Gebäudes eingesetzt – ergab sich die Möglichkeit zum vierspurigen Ausbau der durch die Stadt führenden Bundesstraße 27.”
  2. Auch das mit der Buchener Müllaufbereitungsanlage hatte schon Protesterfolg. Das Projekt wurde mit viel Werbeaktion und Verheimlichung von Fakten durchgesetzt, als der als St. Josefs Brise verspottete Gestank sich aber breitmachte, regte sich Widerstand in Form von Protestbriefen und Anrufen, die so massiv wurden, dass es eine Untersuchung gab und die Anlage umgewandelt werden musste.
  3. Die Buchener beim K21-Tag und sonstigen Gesprächen auf der Straße werden bei S21 erinnert an den Abriss und den überteuerten Luxusneubau der Frankenlandhalle (Veranstaltungen: War alle zwei Monate für Landesbühne bereist und für Fasching). Die Kosten haben sich vor einem halben Jahr verdoppelt. Regt sich Protest. Auch hier wurde die Bürgerschaft schon wie bei der MBA nicht informiert. Der hypermoderne Philharmoniestil ist den meisten zu schnieke und übertrieben und passt nicht zu der mittelalterlichen Stadt und ist vor allem zu teuer.

13. Region “Mittlerer Oberrhein” (Baden-Baden – Karlsruhe – Pforzheim):

  • bestenfalls keine Nachteile
  • Bruchsal verliert drei gutausgelastete IC in der Zeit 7-9 Uhr
  • umsteigefreie Verbindungen zwischen Baden-Baden und Stuttgart in der Pendlerzeit entfallen -> Fahrzeitverlängerungen um 15-22 Minuten
  • umsteigefreie IC-Linie Karlsruhe – Pforzheim – Stuttgart – Nürnberg entfällt
  • fehlende finanzielle Absicherung des Rastatter Tunnels und Signaltechnikerneuerung im Stellwerk Rastatt, damit eine Leistungssteigerung auf der Rheintalstrecke und die Bedienung der AVG-Haltepunkte Muggensturm und Malsch wieder möglich sind.

14. Region Schwarzwald-Baar, Rottweil, Tuttlingen:

  • 3er-Ringzug wird um 30 Minuten verschoben.
  • Relation Villingen-Schweinningen – Stuttgart über Rottweil resultiert in einer halbstündigen Wartezeit, da nur einminütige Übergangszeit zwischen den beiden Zügen und somit kein Anschluß.
  • im Donautal bei Tuttlingen kein Ringzug mehr.

15. Region Singen:

  • Anschlußzüge aus Richtung Friedrichshafen und Konstanz erreichen ICE Richtung Stuttgart nicht mehr.

16. Region Ulm:

  • Zug aus Richtung Friedrichshafen kommt zur Minute ’26 an, der ICE nach Norden wird zwei Minuten früher abfahren.

17. Südbahn Ulm – Biberach – Ravensburg – Friedrichshafen:

Die IRE-Linie Lindau – Friedrichshafen – Ulm – Stuttgart – Karlsruhe fährt im Stundentakt. Die Aufenthalte in Ulm fallen auch nicht weg, sie verlängern sich gegenüber heute (9 Minuten) auf 13 bzw. 17 Minuten! Die Fahrzeit nach Stuttgart mit dem IRE, der weiter über Göppingen fährt, verändert sich nur wenig (in Klammern heute): ab FN 2h16 (2h24), ab RV 2h03 (2h08), ab Aulendorf 1h50 (1h53) und ab BC 1h35 (1h36).

Nur wer in Ulm auf den ICE nach Stuttgart umsteigt, spart viel Zeit. Dann verkürzt sich die Fahrzeit z. B ab FN um 39 Minuten und ab BC um 28 Minuten. Das wird aber teuer, denn der Preisunterschied zum IRE wird sich deutlich vergrößern, weil dann die gesamte Strecke zum ICE-Tarif abgerechnet wird und nicht nur die Strecke Ulm – Stuttgart. Das passiert insbesondere überall dort, wo ICE-Züge auf Schnellfahrstrecken verlegt werden. Übrigens: Nach München muss man trotz des 30-Minuten-Taktes der ICEs in Ulm 22 Minuten warten!

Auch eine umsteigefreie Verbindung zum Stuttgarter Flughafen ist bisher nicht vorgesehen, denn die Verlängerung der stündlichen IRE-Linie Würzburg – Stuttgart – Flughafen – Ulm nach Friedrichshafen ist bisher nur als sogenannte “Option” eingeplant. Die hohe Belastung des Landes durch die Baukosten von S21 und die Kostenbeteiligungen bei der Neubaustrecke und der Südbahnelektrifizierung machen es nicht sehr wahrscheinlich, dass das Land dann noch Geld für diese teure “Option” hat. In der S21-Werbung in Oberschwaben wird diese wichtige “Kleinigkeit” immer unterschlagen und die Bevölkerung mit falschen Informationen über die Fahrzeitverkürzungen hintergangen! Die Wartezeit auf den alle zwei Stunden fahrenden Anschluss-ICE zum Flughafen beträgt 19 Minuten, auf den stündlichen IRE sogar 43 Minuten.

Fazit: Stuttgart 21 nützt Oberschwaben überhaupt nichts. Es ist die Neubaustrecke, welche Zeitgewinne bringt. Die S21-Propaganda schmeißt ganz bewusst beide Projekte in einen Topf und betrügt damit die Oberschwaben. Die Neubaustrecke funktioniert genauso gut bei K21, die Fahrpläne für Oberschwaben sind sogar viel besser. Und nicht zuletzt: S21 gefährdet die seit langem versprochene Elektrifizierung der Südbahn. Entgegen allen Behauptungen ist diese bisher vertraglich überhaupt nicht fixiert. Je mehr Geld S21 bei der DB und beim Land verbraucht, desto geringer wird die Chance, dass für die Südbahn noch etwas übrig bleibt.

18. Schnellfahrstrecke Stuttgart – Ulm:

  • Fahrzeit von 25,5 Minuten zwar weitgehend erreichbar, aber wegen Warten auf freie Trasse im Stuttgarter Hbf nochmal 5,5 Minuten mehr Zeit -> halbe Stunde Fahrzeit knapp überschritten, damit kein integraler Takt zwischen beide Knoten möglich
  • Flughafen wird im Fernverkehr nur alle zwei Stunden angefahren.
  • TGV findet auf dieser Strecke wegen dichter Belegung im Stuttgarter Hbf und dem Fildertunnel (Verkehre Richtung Eutingen und Tübingen) keinen Platz mehr.
  • Die Neubaustrecke wird mit Steigungen bis zu 31 Promille eine größere Steigung als die Geislinger Steige haben. Damit kann sie nur von wenigen Personenzügen und von keinen herkömmlichen Güterzügen befahren werden. Selbst wenn es je Güterzüge geben wird, die die Neubaustrecke befahren könnten, werden diese die alte Strecke weiterhin nutzen, da diese Strecke trassenkostenmäßig erheblich günstiger ist.
  • Für die Neubaustrecke Wendlingen – Ulm gibt es im aktuellen Bundes-Verkehrswegeplan immerhin einen Nutzen-Kosten-Faktor von 1,2. Schaut man aber genauer hin, stellt man fest, daß es für die Neubaustrecke keine getrennte Bewertung gibt, sondern dass sich diese Zahl pauschal auf das Projekt Ausbau- bzw. Neubau der gesamten Stecke Stuttgart-Ulm-Augsburg bezieht. Ausserdem wurden eine zweistellige Anzahl an täglichen Güterzügen reingerechnet; nimmt man diese raus, erreicht diese Strecke gerade noch einen NKF von 0,92.

Autor: Christoph Strecker, Richter a.D. und Mediator

Siehe auch:
S21/K21 – Auswirkungen auf die Regionalbahn
Übersicht bzw. Gegenüberstellung über die Auswirkungen der Konzepte S21 und K21 auf verschiedene Strecken und Bahnhöfe.
Zusammenstellungen vom Verkehrsexperte Martin Hilger von den Grünen (März 2011). Aktualisiert/korrigiert am 04.10.2011.

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