Presseerklärung: Bahn betreibt beim Stresstest Etikettenschwindel!

‚Gute Betriebsqualität‘ ist gefordert, nicht noch mehr Verspätung

Stuttgart, 17. Juli 2011: Die Bahn AG definiert den Fachbegriff ‚gute Betriebsqualität‘ für den S21-Stresstest so um, dass er auf ihr Ergebnis passt. Mit der zugrunde gelegten bahninternen Richtlinie 405 stimmt diese Definition jedoch nicht überein. Laut Heiner Geißlers Spruch muss die Bahn für S21 nachweisen, dass ’30 Prozent Leistungszuwachs in der Spitzenstunde mit guter Betriebsqualität möglich sind‘. Unter ‚guter Betriebsqualität‘ versteht die Fachwelt, dass Verspätungen abgebaut werden. Der von der Bahn vorgelegte Stresstest weist jedoch nur eine ‚wirtschaftlich optimale‘ Betriebsqualität auf, was früher ‚befriedigend‘ hieß und was die Bahn jetzt ‚gut‘ nennt. Der Tunnelbahnhof kann die im Faktencheck geforderte Leistung also nicht erbringen, Stuttgart 21 ist am Stresstest gescheitert.

„Statt gute Arbeit abzuliefern setzen Ramsauer und Grube offenbar auf billige Wortverdrehungen und Etikettenschwindel, also auf Irreführung der Öffentlichkeit“, sagt Parkschützerin Dr. Carola Eckstein. „Der Bundesverkehrsminister ist für unsere zukünftige Bahninfrastruktur verantwortlich. Er sollte Qualitätsanforderungen definieren und einfordern, statt den Pfusch und die falschen Behauptungen der Bahn zu decken. Peter Ramsauer hat die Aufgabe, für besseren Bahnverkehr zu sorgen. Das funktioniert nicht, indem man verspätete Züge und verpasste Anschlüsse zur ‚guten Betriebsqualität‘ erklärt.“

‚Gute Betriebsqualität‘ bedeutet: Verspätungen können abgebaut werden. So stand es bis Ende 2007 in der Richtlinie 405 der Bahn und genau diese Anforderung erfüllt der Stuttgarter Kopfbahnhof seit über 80 Jahren. Genau diese Anforderung stellen die Parkschützer an einen Bahnhofsneubau, auch wenn der Begriff ‚gute Betriebsqualität‘ mit einer Überarbeitung aus den Regularien der Bahn verschwand. Seit 2008 heißt ‚verspätungsabbauend‘ auf Bahn-Deutsch ‚Premiumqualität‘. Daneben gibt es in der Richtlinie 405 die Kategorie ‚wirtschaftlich optimal‘, früher ‚befriedigend‘, die keinen Abbau von Verspätungen fordert, sondern nur den Verspätungsaufbau begrenzt. Im vorgelegten ‚Stresstest‘ behauptet die Bahn jedoch, ‚gute Betriebsqualität‘ sei das gleiche wie ‚optimale‘ Betriebsqualität, die neue ‚Premiumqualität‘ entspräche ’sehr guter Betriebsqualität‘ (Stresstest-Foliensatz Teil 1, Seite 18). Diese Behauptung der Bahn ist falsch. ‚Sehr gute‘ und ‚optimale‘ Betriebsqualität gibt es weder in der alten noch in der neuen Richtlinie 405, ‚gute Betriebsqualität‘ heißt – genau wie ‚Premiumqualität‘ – ‚verpätungsabbauend‘.

Die Tabelle zeigt die alte und die neue Definition der Fachbegriffe und den Etikettenschwindel der Bahn:

Verspätungsverhalten
Betriebsqualität nach Richtlinie 405
bis 31.12.2007
Betriebsqualität nach Richtlinie 405
ab 01.01.2008
Betriebsqualität im Stresstest-Foliensatz
30.06.2011
verspätungsabbauend
gut
Premiumqualität
Premiumqualität/
sehr gut
verspätungserhaltend
zufriedenstellend/
befriedigend
wirtschaftlich optimal
optimal/gut

Stresstest-Folien zum download.

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